GRABEN-NEUDORF: ES BEBTE DIE ERDE UNTER UNS
Sicherlich waren es für die Bürger keine spürbaren seismischen Ereignisse, die sich da mitten in der Nacht bei Graben-Neudorf am 30.06.2024 um 0.02 Uhr und 3.09 Uhr ereigneten. Eine Frage machen die Vorfälle allerdings deutlich: Wer kontrolliert hier wen bei der Offenlegung der zu erwartenden induzierten Erdbeben in der Region? Das Regierungspräsidium (RP) Freiburg scheint neuerdings für die Öffentlichkeitsinformation nicht mehr zuständig zu sein?
Im veröffentlichten Messprotokoll der Deutschen Erdwärme GmbH (DEW) werden zwei seismische Ereignisse am 30.06.2024 mit den Magnituden 0,5 und 0,4 aufgeführt, die man vergeblich in den Veröffentlichungen des Landeserdbebendienstes BW (Erdbebendienst Südwest), dem hauseigenen Dienst des RP Freiburg, sucht.
Mit Magnitude 1 werden die Ereignisse in der Kartendarstellung der DEW angezeigt, hier mit einer Tiefe von 3.475 bzw. 3.767 Metern. Es ist davon auszugehen, dass es sich um induzierte, also menschengemachte Ereignisse handelte.
➡️ https://www.deutsche-erdwaerme.de/seismisches-monitoring
Tiefengeothermie (TG) im Oberrheingraben löst, entgegen allen Beschwichtigungen von „Experten“ induzierte Erdbeben aus. Dass die immer wieder beworbenen „Ampelsysteme“ die Auslösung von derartigen Erdbeben verhindern oder ganz und gar stoppen könnten, ist dagegen eher fraglich, denn auch die immer wieder Erdbeben auslösenden TG-Projekte Vendenheim, Insheim, Landau, Rittershoffen und auch Soultz-sous-Forêts verfügen über derartige Technik.
In der Mehrzahl sind es sogenannte Mikrobeben, jedoch gibt es hier auch größere Magnituden, die erreicht werden. Die Magnituden alleine sagen aber nichts über die Auswirkungen aus, diese werden in Intensitätsklassen eingeordnet. Selbst bei kleineren Erdbeben kann eine höhere Intensitätsklasse gegeben sein.
FRACKING UNTER GRABEN-NEUDORF?
Die Firma Schlumberger SLB war im Auftrag der Deutschen Erdwärme am Tag der seismischen Ereignisse, also am 30.06.2024 mit umfangreichen technischen Equipment am Bohrloch aktiv. Auf der Homepage der Firma ist u. a. zu lesen:
"Stimulation
Steigern Sie die Produktivität Ihrer Bohrlöcher durch Fracking, Säuerung und Wasserkontrollbehandlungen."
➡️ https://www.slb.com/products-and-services/innovating-in-oil-and-gas/completions/stimulation
Verharmlosend wird zum Prozess, um Risse im Gestein zu erzeugen oder bestehende Risse zu weiten bei Tiefengeothermieprojekten von: „hydraulischer Stimulation“ geredet.
Für Fracking hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) folgende Definition:
„Beim Fracking wird dazu das Gestein hydraulisch aufgebrochen, das heißt, über Bohrungen wird mit hohem hydraulischem Druck eine Flüssigkeit (Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch) eingepresst um Risse im Gestein zu erzeugen oder bestehende Risse zu weiten.“
Die Deutsche Erdwärme redet verharmlosend von: „INJEKTIONSTEST“? So bspw. in einem BNN-Artikel vom 16.05.2024:
„Der anstehende Injektionstest in Graben-Neudorf ist ein weiterer Meilenstein für unser Projekt und die künftige Wärmeversorgung in der Region.“
„Beim Injektionstest wird die Eignung und Leistungsfähigkeit der Bohrung ermittelt“
WO BLEIBEN DIE ERFOLGSMELDUNGEN?
Noch immer wartet man vergeblich auf Meldungen über die Verbesserung der Fließrate des Bohrloches in Graben-Neudorf, daher ist davon auszugehen, dass die Bohrung weiterhin nicht ausreichend fündig ist?
Nach ganzen 13 Monaten Bohrzeit (geplant waren nur 3) hatte die Deutsche Erdwärme 2023 die Bohrung 2 Monate lang getestet. Tonnenweise wurden Chemikalien in den Boden gepumpt, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Gebohrt wurde nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen, zuzüglich einer vorherigen (angeblichen) 3D-Seismik, die immer wieder ähnlich einem „Non-plus-ultra“ dargestellt wurde. Ergebnis: Die Fündigkeit ist unzureichend.
Lutz Stahl, Deutsche Erdwärme am 16.05.2024: „Wir haben eine sehr hohe Temperatur vorgefunden, wir waren aber mit der Produktivität noch nicht zufrieden. Produktivität heißt, welche thermische Leistung die Bohrung hat, um ausreichend Strom oder Wärme zu erzeugen“.
DIE ROLLE DES REGIERUNGSPRAESIDIUMS FREIBURG
Das Regierungspräsidium hatte u. a. das umfassende Genehmigungsverfahren zum Hauptbetriebsplan durchzuführen und die Umsetzung, sowie Einhaltung der genehmigten Auflagen, zu kontrollieren. Hierzu gehören Inspektionen und Kontrollen. Umweltschutzmaßnahmen müssen sichergestellt werden. Dies umfasst u. a. auch den Schutz des Grundwassers und die Kontrolle von Erdbebenrisiken bzw. seismischen Aktivitäten, die durch das Projekt entstehen können.
Allerdings listet der hauseigene Landeserdbebendienst im Gegensatz die seismischen Ereignisse beim Projekt der Deutschen Erdwärme auf seiner Homepage nicht einmal auf? Auf Nachfrage schrieb nun der Landeserdbebendienst BW:
„Die beiden Ereignisse, die am 30. Juni 2024 vom DEW-Netz erfasst wurden, waren so schwach, dass Sie mit dem Messnetz des Erdbebendienstes Südwest nicht ausgewertet werden können. Deshalb gibt es auch keinen Eintrag auf den Seiten der Erdbebendienste.“
Wir fragen: Mangelt es hier etwa an Kompetenz oder gar an einer technisch nicht vorhandenen Ausstattung? Wie will man dann eine solch wichtige Kontrollfunktion überhaupt erfüllen können?
Der Landeserdbebendienst attestiert der Deutschen Erdwärme allerdings diese Kompetenz, man schreibt zur Deutschen Erdwärme, Zitat: „… die erstens zuständig und zweitens offensichtlich technisch in der Lage ist, sich um solche Ereignisse zu kümmern.“
Sind die Daten für das Regierungspräsidium nicht von Akzeptanz geprägt, die die Deutsche Erdwärme ermittelt und zugleich öffentlich bereitstellt? Warum werden die Daten nicht vom hauseigenen Erdbebendienst Südwest bereitgestellt?
➡️ https://www.deutsche-erdwaerme.de/seismisches-monitoring
Man könnte sehr schnell den Eindruck gewinnen, dass hier seismische Ereignisse vertuscht werden soll(t)en, um den vom Land geplanten weiteren umfangreichen Ausbau der Tiefengeothermie nicht zu gefährden? Vertrauen in die Behörde schafft ein solches Vorgehen auf jeden Fall nicht. Eine immer wieder geforderte Transparenz sieht anders aus.
TRANSPARENZ-VERSAGEN
Wir hatten Anfang Juni beim Bergamt nach den im Vorfeld versprochenen Unterlagen zu den Förder- und Injektionstests nachgefragt. Auf der Seite der Gemeinde Graben-Neudorf ist in der dortigen Dokumentation zum Projekt unter „Antragsunterlagen“, hier unter Punkt 6 „Förder- und Injektionstest“ nachzulesen:
„Die Förder- und Injektionstests betreffenden Anlagen werden nachgereicht, sobald ein Bohrunternehmer und dessen Bohranlage, sowie eine Servicefirma zur Umsetzung der Tests per Ausschreibungsverfahren ausgewählt wurde
1. Aufstellungsplan Test- und Säuerungsarbeiten
2. Exschutz- und Brandschutzplan während der Tests (Aufsicht, Querschnitt Ex-Zone, Legende)“
Die Antwort des RP Freiburg bzw. des Landesbergamtes kam inzwischen eindeutig:
„ … in diesem Fall ist es so, dass die Deutsche Erdwärme GmbH der Auffassung ist, dass es sich um interne, für die Kommunikation mit den Behörden bestimmte Dokumente, die zudem technische und wirtschaftliche Betriebsgeheimnisse beinhalten, handelt. Die Deutsche Erdwärme GmbH plant nach dortiger Aussage nicht, diese Unterlagen zu veröffentlichen. Informell können wir die Unterlagen daher leider nicht zur Verfügung stellen.“
Hier stellt das RP Freiburg bzw. das Landesbergamt, das dem Schutz der Öffentlichkeit verpflichtet ist, den Schutz der Deutschen Erdwärme über den der Öffentlichkeit?
DEUTSCHE ERDWAERME UEBERHAUPT QUALIFIZIERT?
Die Deutsche Erdwärme tritt mit dem hohen Anspruch auf, in Zukunft unsere Energieversorgung sowohl mit Strom, aber vor allem auch mit Wärme sichern zu können. So hatte der Gründer und Geschäftsführer der Deutschen Erdwärme Dr. Herbert Pohl mehrfach öffentlich bekannt gegeben, mit 2 Werken ganz Karlsruhe mit Wärme versorgen zu können, z. B.:
„Wenn Sie jetzt diese thermische Leistung mal in Relation setzen, dann könnten Sie mit zwei Werken von der Größenordnung von Graben-Neudorf, Saisonalität mal außen vor gelassen, den Wärmebedarf des Wärmenetzes der Stadt Karlsruhe decken.“
➡️ https://www.deutschlandfunkkultur.de/tiefe-geothermie-zukunft-energie-risiken-102.html
Hinsichtlich der Bohrung Graben-Neudorf verweigert die Deutsche Erdwärme eine Auskunft, trotz mehrfacher Nachfragen nach der dort gefundenen Fließrate. Zur Klarstellung: Nur wenn die Fließrate hoch genug ist, kann genügend Energie gewonnen und geliefert werden. Selbst dem Gemeinderat GN wurde diese entscheidende Auskunft in öffentlicher Sitzung mehrfach verweigert.
Wie können Politik und Verwaltung bei dem so wichtigen Thema unserer zukünftigen Energieversorgung noch grundsätzlich auf die Tiefengeothermie und auch diese Firma setzen?
Wie kann es sein, dass das Land, die Regierungspräsidien, die Stadt Karlsruhe und die vielen Gemeinden im Landkreis Karlsruhe noch irgendetwas auf die leeren Versprechungen geben?
Wie viele andere Risiken werden noch vor den Bürgern verharmlost? Wir fordern die unverzügliche Aufklärung durch das Regierungspräsidium Freiburg und die verantwortliche Politik!
Vielen Dank.
Eure
IG Tiefengeothermie im Landkreis Karlsruhe